Palazzo Trevisan degli Ulivi, Venedig

Viele Kunstmuseen haben, in ihren Sammlungen und mit ihrem künstlerischen Programm, die Idee einer «universellen Kunstgeschichte, eines Meisternarrativs der Moderne», historisch reflektiert, «die heute weithin als an zeitliche und örtliche Besonderheiten gebunden betrachtet wird» (CIMAM-Konferenz, Barcelona, 2016).

Diese Reflexion wirft Fragen auf:
▪ Wer schrieb die «universelle Kunstgeschichte», und was waren die kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Ursprünge dieses Narrativs?
▪ Hat die Globalisierung dieses «universelle Narrativ» in Frage gestellt? Wenn ja, in welchem Ausmass?
▪ Sind einige Kunstmuseen noch immer Teil eines «universellen Narrativs»? Wenn ja, mit welchen Ergebnissen müssen sie sich auseinandersetzen, um die Besonderheiten ihres Kontexts zu respektieren?
▪ Wenn es kein gemeinsames «universelles Narrativ» (mehr) gibt, wer definiert die Perspektive, die ein Museum an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit einnimmt?
▪ Wenn Mikronarrative unterschiedliche Perspektiven zulassen, worin liegen dann die gemeinsamen Ziele und Verantwortlichkeiten von Kunstmuseen heute?
▪ Welche (selbst definierte) Rolle können Museen angesichts der Interessen und/oder Einflüsse, denen sie ausgesetzt sind, für den Identitätsbildungsprozesses einer Gemeinschaft übernehmen?

Diese und andere Fragen stellen sich in europäischen Gesellschaften in einer Zeit wachsenden Populismus und Antiintellektualismus sowie einer um sich greifenden Kommerzialisierung. Die Situation macht es Museen schwer, ihre grundlegenden Aufgaben zu erfüllen: die Überlieferung zu gewährleisten, Wissen zu vermitteln und das künstlerische Erbe der Gegenwart zu bewahren. Inwieweit können Museen angesichts dessen noch ihrer «historischen Rolle» gerecht werden? Welche neuen Faktoren bestimmen ihre Rollen in den sich wandelnden heutigen Gesellschaften?

Das von der Regierung des Fürstentums Liechtenstein anlässlich seiner Teilnahme an der Biennale di Venezia 2017 in Auftrag gegebene Symposium wird anhand von sechs Fallstudien europäischer Kunstmuseen eine Diskussion zu diesem Thema lancieren.

Jede der dreissigminütigen Präsentationen umreisst den kulturellen, historischen, gesellschaftlichen und politischen Zusammenhang eines Museums. Es wird aufgezeigt, welche gegensätzlichen Kräfte im Spiel sind und was für Spannungsfelder diese für die Aufgaben des Museums mit sich bringen. Das Symposium wird sich vorrangig mit den sich stellenden Schwierigkeiten und den Modellen auseinandersetzen, die Museen entwickelt haben, um innerhalb des sich vollziehenden Identitätsbildungsprozesses in den spezifischen Kontexten innovative Rollen zu finden.

Das Symposium will zum Verständnis der realen Verhältnisse, Lösungen und Grenzen heutiger Museumpraxis beitragen und gemeinsame, übertragbare professionelle Standards untersuchen.

Veranstaltungsort
Palazzo Trevisan degli Ulivi
Campo S. Agnese – Dorsoduro 810
30123 Venedig
Vaporetto Stop: Zattere / Accademia

Referentinnen und Referenten
Zoran Erić, Belgrad
Hélène Guenin, Nizza
Alistair Hudson, Middlesbrough
Enrico Lunghi, Luxemburg
Jérémie McGowan, Tromsø
Jarosław Suchan, Łódź

Im Auftrag der
Regierung des Fürstentums Liechtenstein

Projektleitung
Kunstmuseum Liechtenstein

Kuratiert von
Enrico Lunghi in Zusammenarbeit mit Zoran Erić und Friedemann Malsch

Mit freundlicher Unterstützung der
Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia (stellt Räumlichkeiten zur Verfügung)
Kulturstiftung Liechtenstein

Die Veranstaltung findet in englischer Sprache statt, der Eintritt ist frei.
Beschränkte Platzzahl, um Anmeldung unter info@kunstmuseum.li wird gebeten.