Karton, collagiert, farbloses Klebeband
240x160cm
Eine Ruine ist – an sich – ein menschenloser Ort, sie ist ein menschenfeindlicher Ort. Eine Ruine ist ein abstrakter, zeitloser, wertfreier Ort. Auch hier wollte ich durch das Anwenden der schwarz/weiss-Technik die Aussage der Poster vereinfachen und die Mission der Poster verstärken. Meine Arbeit stemmt sich gegen Ruinen-Fetischismus und gegen Ruinen-Tourismus, denn die Ruine ist eine Form. Eine Ruine ist Formgebung. Es ist keine Ästhetik, es ist keine Reproduktion und es ist keine Rekonstruktion, eine Ruine ist reine Form. Nichts ist zu gewinnen durch Spekulationen und Fragen nach: Was war vorher? Warum sieht es so aus? Die Ruine «ist», die Ruine «ist» an sich, sie steht für sich, die Ruine ist Ruine. Denn die Ruine ist der Anfang, sie ist die Behauptung, denn sie behauptet ihre Form als Ruine. Könnte es sein, dass alles, dass das Universum durch Zerstörung, mit einer Ruine, im Chaos begann? Könnte es sein, dass alles sich aus diesem Chaos entwickelt hat? Könnte es sein, dass nichts als eine «Ruine» – vorher – da war? [...]
Die 10 Arbeiten sind Poster.* Es sind Poster, die man an die Wand ins Zimmer hängt, sie brauchen deshalb eine gewisse Grösse. Auf den zehn Postern hat es Abbildungen von kleinen und grösseren Ruinen, die miteinander kombiniert sind. Ich will – durch die unterschiedliche Grösse der einzelnen Elemente – die Behauptung «A Ruin is a Ruin» unterstreichen, verstärken und klarmachen, denn auf den Collagen – die Technik ist die Technik der Collage – habe ich zusammengeklebt, was man meint, trennen zu können. Das unterschiedliche Alter, die unterschiedliche Herkunft, den unterschiedlichen Grund, die unterschiedliche Bewertung. Was wirklich zählt ist, dass keine Ruine «unschuldig» ist. Alle Ruinen schaffen Verbindungen über die Zeit und über den Ort hinaus – eine Ruine ist universell und zeitlos. Die geladene und komplexe Aussage einer Ruine gibt ihr – als Form – ihre Dichte, ihre Dynamik und über alles andere hinaus, ihre Notwendigkeit. [...]
Thomas Hirschhorn, Januar 2016