Kunstwerk des Monats September

Jean Dubuffet, Riant été, 1954, Hilti Art Foundation

Jean Dubuffet

* 1901 in Le Havre, † 1985 in Paris, Frankreich


Riant été, 1954 


Öl auf Leinwand
89,5 x 116,5 cm
Hilti Art Foundation

Jean Dubuffet verstand sich stets als ein anti-klassischer Künstler. Seine vielfältigen Anregungen und Vorbilder suchte er nicht in der abendländischen Tradition der Antike, sondern in der Kunst der damals so genannten «Primitiven», in den prähistorischen Felsmalereien, dem grotesken und absurden Theater Antonin Artauds und nicht zuletzt in der skripturalen Malerei der Surrealisten.

Dubuffet gliederte sein Werk, das erst spät, im 41. Lebensjahr einsetzte, in Serien. Diesen gab er, neben den eigentlichen Bildtiteln, Kapitelüberschriften. Riant été (Lachender Sommer), 1954 in der Auvergne entstanden, ist Teil der Serie Vaches (Kühe). «Von Juli 1954 an besass ich in der Umgebung von Clermont-Ferrand», so Dubuffet in einem 1967 verfassten Rückblick, «ein kleines Haus, das ich als Atelier eingerichtet hatte. [...] Es bereitete mir grosses Vergnügen, den Kühen lange zuzusehen, so wie ich es früher getan hatte, sie anschliessend aus dem Gedächtnis zu zeichnen und manchmal sogar, aber sehr viel seltener, sie nach der Natur zu zeichnen.»

Auf den ersten Blick erscheint Riant été als eine durchfurchte, sehr grüne und durch die Türkistöne kühle Sommerlandschaft mit Wiesen, die von Bäumen gesäumt werden. Das Grün, so der Künstler, wirkt «wohltuend und beruhigend». Ein schmaler, blauer Himmelsstreifen bildet den oberen Abschluss dieser Komposition, die zugleich in Untersicht und Aufsicht gegeben ist. Erst im genauen Verfolg des Liniengewirrs, im intensiven Studium der mit einer Spachtel oder einem Pinselstiel in die Farben gezogenen Ritzungen, geben sich, teils deutlich, teils vage, Figuren zu erkennen. So lassen sich am vorderen Bildrand, trotz der unregelmässigen und immer wieder unterbrochenen Kontur, Silhouetten zweier Rinder und eines Hundes ausmachen, die stellenweise wieder in der Farbpaste versinken, die wie Erinnerungen aus dem kulturellen Gedächtnis auftauchen, um schliesslich Teil des allgemeinen skripturalen Liniengefechts zu werden.

Angela Schneider

<b>Jean Dubuffet, Riant été, 1954, Hilti Art Foundation</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.