Kunstwerk des Monats September

François Morellet, Climbing Beam 30° – 30° – 30°, 2003

François Morellet

*1926 in Cholet, Frankreich


Climbing Beam 30° – 30° – 30°, 2003


MDF-Platten

103x103x60cm

Vier identische Balken aus Holzfaserplatten sind zu einer raumgreifenden Komposition gefügt. Der rückseitige, an der Wand befindliche, setzt eine Vertikale, die anderen stapeln sich davor, wobei ein Balken jeweils an einem Ende mit dem dahinter liegenden verbunden und im Verhältnis zu diesem um 30° abgewinkelt ist. Drei weitere, kürzere Teile dienen als Verbindungsstücke zur Wand. In wenigen Augenblicken ist das dem Werk zugrunde gelegte System erfasst – und durch den Werktitel wird es explizit bezeichnet.

«Um meine Sensibilität als ‹Künstler› einzuschränken», schrieb Morellet bereits 1971, «habe ich auf Komposition und auf jegliches Interesse an der Ausführung verzichtet und auf rigorose Weise einfache und eindeutige Systeme angewandt, welche sich dank des wirklich vorhandenen Zufalls oder dank der Mitwirkung des Betrachters entfalten konnten.» Ob er die letzten Ziffern von Rufnummern verwendet, die er in strikter Reihenfolge dem Pariser Telefonbuch entnommen hat, um farbige Quadrate auf einer Leinwand zu verteilen, oder ob er geometrische Prinzipien umsetzt – stets findet Morellet systematische Vorgehensweisen, die es ihm erlauben, eigene willkürliche Entscheidungen auf ein Minimum zu reduzieren.

Gewisse Verfahren treten durch Morellets Schaffensperioden hindurch immer wieder auf. So findet sich die Kombination von horizontalen, vertikalen und schrägen Linien zu einer Zickzack-Form etwa im Ölgemälde 90° 90° 45° 45° von 1957, später in Architekturen überziehenden Klebestreifen-Rastern oder in Formationen von Neonröhren. Im Unterschied zu diesen klettert der Climbing Beam 30° – 30° – 30° jedoch keine Wand empor, sondern bildet, in der exakten Überleitung von der Vertikalen in die Horizontale, eine geschlossene Form, die sich mit einem zusätzlichen Balken zu einem Stern vervollständigen liesse. Ein Resultat des Zufalls oder doch künstlerische Intention?

<b>François Morellet, Climbing Beam 30° – 30° – 30°, 2003 </b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.