Staffelei, zwei mit Kreide bezeichnete Schultafeln, Stuhl mit Partiturcollage, Schere, Fettecke
Dimensionen variabel
KML 05.01
Joseph Beuys – Aktionskünstler, Bildhauer, Zeichner und Kunsttheoretiker – setzte sich in seinem Werk intensiv mit Humanismus, Sozialphilosophie und Anthroposophie aus einander, was ihn zu seiner Definition eines «erweiterten Kunstbegriffs» führte. Die damit verbundene soziale Dimension der Kunst wendete er auf seinen Begriff der Skulptur als «plastischem Gestalten von Gesellschaft» an. Beuys verstand die Soziale Plastik als Gesamtkunstwerk, in dessen Sinn er Ende der 1970er Jahre ein kreatives Mitgestalten an der Gesellschaft und in der Politik forderte. Folglich ist auch die Gründung der Partei Die Grünen, an der Beuys wesentlich beteiligt war, als Kunstwerk zu verstehen.
Die Installation Raum 3, die ganze deutsche Nachkriegslyrik bestehend aus: «Ausge rutscht!» «Partitur aus: der ganze Riemen» d.h. (ausgerutschter Raum) entstand in jenem Raum 3, der auch in ihrem Titel erscheint, dem persönlichen Atelier von Beuys in der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf. Diesen Raum 3 machte Beuys 1979 zur Informations und Geschäftsstelle der Free International University (FIU), die er 1972 gegründet hatte.
Die verschiedenen Elemente der Installation vereinen in sich den «aktivistischen» Beuys: Auf dem Stuhl sitzend führte er Gespräche mit Studenten; die umgestürzte Staffelei, die Beuys nur noch als Halterung für Schultafeln diente, steht sinnbildlich für das von ihm proklamierte Ende des Zeitalters der Malerei; die Fettecke verweist auf die grundlegende Bedeutung von Energie und Wärme für Beuys, und die Partiturcollage nebst der Schere auf Beuys' Interesse an grenzüberschreitender kultureller Arbeit. Das Ausrutschen, das sich normalerweise im Raum ereignet, verkehrt sich hier zur Qualität des Raums selbst; der «ausgerutschte» Raum ist nicht zuletzt ein Kommentar zur «Deutschen Lage» im Hinblick auf Geist und Kunst nach dem Krieg.