Kunstwerk des Monats April

Absalon, Cellule no. 5, 1992

Absalon

* 1964 in Ashdod, Israel, † 1993 in Paris


Cellule no. 5, 1992


Holz, Pappe, Polster, Farbe, Leuchtstoffröhren
405cm, ø 240cm

Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz

Cellule no. 5 ist eine von insgesamt sechs Zellen – Wohneinheiten –, die Absalon Anfang der 1990er-Jahre plante und als 1:1-Modell ausführte. Diese zwischen 4 und 9 m2 grossen weissen Baukörper sind alle «massgeschneidert» an den Proportionen des Künstlers ausgerichtet und umhüllen ihren Bewohner – auch aufgrund ihres dezimierten Ausmasses – ähnlicheinemSchutzpanzerbeinahesprichwörtlichwieeinedritteHaut.1 Aufdieexistentiellen Bedürfnisse reduziert – Schlaf, Nahrungsaufnahme, Körperpflege – sind Absalons Zellen bis ins kleinste Detail durchdacht und bedingen in diesem in sich funktionierenden System ein Anpassen der eigenen Bewegungsabläufe: «Die Zelle ist ein Mechanismus, der meine Bewegungen konditioniert. Mit der Zeit und Gewohnheit wird dieser Mechanismus mein Komfort sein.» Welche Assoziationen, welche Erinnerungen erweckt eine solch körpernahe auf eine Person ausgerichtete Architektur?

Gleichwohl sich in Absalons reduzierter funktionaler Formensprache der Bezug zur Baugeschichte der Moderne und insbesondere zur Architektur Le Corbusiers erschliesst, widersetzt sich der Künstler der utopischen Idee der Verbesserung von Leben durch Gestaltung von Lebensraum: «Ich ändere Dinge, um Veränderungen herbeizuführen und nicht um etwas besser zu machen. Im Gegensatz zu einem Revolutionär brauche ich keinen Vorwand, um von Veränderungen zu träumen.» Im Gegensatz zu Le Corbusiers universellem System der Proportion, dem sogenannten Modulor, welches der Architektur als ein am Menschen orientiertes Mass dienen sollte, richtet sich seine Masseinheit am Individuum aus. Absalon plante, diese sechs Wohneinheiten – die zusammen ein Ganzes ergeben – auf öffentlichen Plätzen in den Metropolen Frankfurt, New York, Paris, Tel Aviv, Tokio und Zürich zu errichten und diese in gleichmässigen Intervallen zu bewohnen. Die Ortswahl dieser Baukörper markiert eine spannungsgeladene Grenze zwischen öffentlich und privat. Dient die weisse, einzig für den Künstler konstruierte Zelle diesem als Möglichkeit des Rückzugs und vermittelt so gleichermassen (spirituellen) Freiraum wie auch Schutz und Abgeschlossenheit, konfrontiert und befragt sie ob ihrer Gestalt und Platzierung gleichzeitig den öffentlichen Raum in seinem Verhältnis zum Privaten.

Denise Rigaud

<b>Absalon, Cellule no. 5, 1992</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.