Kunstwerk des Monats Juni

Louise Bourgeois, The Fingers, 1968, Guss 1984

Louise Bourgeois

* 1911 in Paris, Frankreich, † 2010 in New York, USA


The Fingers, 1968, cast 1984


Bronze, 2-teilig
7,8×32,7×20,3cm

Ed. 1/6
Erworben mit Mitteln der Lampadia Stiftung, Vaduz

The Fingers von Louise Bourgeois ist ein zweiteiliger Bronze-Guss aus dem Jahr 1984, der sich in seiner plastischen Gestalt im Organisch-Körperlichen verorten lässt. Wie ein Anfang vom Werden erwachsen den beiden Bronze-Platten eine Vielzahl von glatt-runden Gebilden, die in ihrer Form beim Betrachter sowohl phallische wie auch nährende (Zitze/Euter) Assoziationen hervorrufen. Gleichzeitig erinnert die Bronzearbeit in ihrer Gesamtheit auch an die Vergrösserung einer organischen Struktur, die ähnlich wie Finger, oder auch Härchen, ihre Umgebung abtastend wahrnimmt, und gleichermassen beim Rezipienten den Wunsch nach Berührung evoziert. «Natürlich war meine Arbeit immer sexuell suggestiv! Manchmal bin ich vollkommen mit weiblichen Formen beschäftigt – Cluster von Brüsten wie Wolken –, aber oft verschmelze ich die Bilder – phallische Brüste, männlich und weiblich, aktiv und passiv.»

Die 1911 in Frankreich geborene Künstlerin ging 1938 in die USA, wo sie bis zu ihrem Tod 2010 lebte. Bourgeois gilt als eine der bedeutendsten Künstlerinnen der Gegenwart. Sehr spät vom Kunstmarkt wahrgenommen – erst ab 1982 erhielt sie für ihre Arbeit national und international Anerkennung –, entzog sich Bourgeois zeit ihres Lebens den aktuellen Kunstströmungen und fand den Nährboden ihrer künstlerischen Auseinandersetzung vorrangig in ihrer eigenen Biografie: «Der schöpferische Impuls für alle meine Arbeiten ist in meiner Kindheit zu suchen.» Die menschliche Konstitution im Allgemeinen und im Bezug zum Anderen, Hass und Liebe, erschaffende, erhaltende und zerstörerische Kräfte, Ängste und Unsicherheit, die verwobene Struktur der Erinnerungen sowie das Körperliche sind hierbei wesentliche formgebende Inhalte ihres eigenständigen Werkes. Das ihrer Arbeit innewohnende provokante Spiel mit dem Geschlechtlichen eröffnet dem Betrachter dabei nicht festgeschriebene Assoziationsräume, die Louise Bourgeois gerne auch humorvoll dekonstruierte: «Ach, sehen Sie darin etwas Erotisches? Dann legen Sie das selbst hinein.»

Denise Rigaud

<b>Louise Bourgeois, The Fingers, 1968, Guss 1984</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.