Kunstwerk des Monats Februar

Ferdinand Nigg, Hirten sahen den Stern ..., undatiert, Irmgard Barbey-Schlegel Stiftung / Kunstmuseum Liechtenstein

Ferdinand Nigg

* 1865 in Vaduz, † 1949 in Vaduz, Liechtenstein


Hirten sahen den Stern ..., undatiert


Woll- und Baumwollstickerei auf Stramin

85 × 95 cm

Irmgard Barbey-Schlegel Stiftung / Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz

 

Der gestickte Wandbehang Hirten sahen den Stern ... von Ferdinand Nigg zeigt die biblische Erzählung der Hirten, die dem Stern von Bethlehem gefolgt sind, um dem Christuskind im Stall von Bethlehem zu huldigen. Augenfällig sind zunächst die verschiedenen Muster und Farben, aus denen das Bild aufgebaut ist. Schwarz-weisse Rauten und Karos stossen auf grün, schwarz, braun und gelb gestreifte Muster, die abstrakt die Umrisse der Gewänder darstellen. Der Hintergrund der Szene ist bis auf ein paar gelbe Sterne und den in Fraktur gestickten Satz «Hirten sahen den Stern, hörten den Engel des Herrn, sahen in des Kindes Blick das grosse ewige Glück» nicht weiter bestimmt. Der Bildraum entsteht durch die Staffelung der Figuren hintereinander. So sind auch die Körper der einzelnen Personen nicht plastisch ausformuliert, sondern in der Fläche durch das Aufeinandertreffen verschiedener Stickmuster definiert. Es gibt zwei Merkmale, die das Bild trotz seines flächenhaften Arrangements lebendig wirken lassen: die Gesichter, speziell die Augen, und die Hände. Diese sind auch die einzig sichtbaren Körperpartien. Trotz der einfachen Mittel, mit denen Nigg Körper und Raum bildet, wirken die Figuren sehr bewegt, da keine Hand in dieselbe Richtung zeigt. Die Komposition des Bildes fokussiert den Blick auf den narrativen und bildlichen Mittelpunkt: das Jesuskind und seine Mutter Maria. Rund um diese heilige Figurengruppe sind noch weitere Personen auszumachen, wobei die einzige Gestalt, die ihnen tatsächlich physisch nahekommt, der von oben herabschwebende Engel ist, der mit seiner kindlich anmutenden rechten Hand das Christuskind berührt und seine linke Hand wie in einer Präsentationsgeste zum Betrachter erhebt.

Durch die gestaffelte Ordnung der Figuren, ihre Blicke und die verschiedenen Zeigegesten ergibt sich eine eminente Verdichtung der Erzählung. Gestik und Mimik verbinden sich mit der Lebendigkeit der Farben und der abstrakt anmutenden Stickmuster der Gewänder in einer wohldurchdachten Dramaturgie, sodass die Figuren zugleich auf sich und ihre emotionale Bewegtheit als auch auf das Geschehen im Bildmittelpunkt verweisen.

Christina Lehnert

<b>Ferdinand Nigg, Hirten sahen den Stern ..., undatiert, Irmgard Barbey-Schlegel Stiftung / Kunstmuseum Liechtenstein</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.