Plastikfolie (Rhodoid), gestanzt
100 x 70 cm
Hilti Art Foundation, Schaan
Die ab 1958 entstandenen Volumi bilden die erste Serie gegenstandsloser Materialbilder der Autodidaktin Dadamaino. Begeistert vom Gedankengut der zeitgenössischen italienischen Avantgarde-Künstler, interessierten Dadamaino nicht die herkömmlichen Parameter konventioneller Malerei wie etwa Komposition, räumliche Illusion oder ein Narrativ. Vielmehr ging es in der für ihr Oeuvre so wichtigen Serie der Volumi um Themen wie realer Raum, plastisches Volumen und Form als autonome Bildwerte.
Zu diesen frühen Arbeiten gehört auch das Werk Volume a moduli sfasati aus dem Jahr 1960. Drei manuell perforierte Plastikfolien sind mit unterschiedlichem Abstand übereinander gelagert. Die runden Löcher, durch die der Betrachter hindurchschauen kann, sind nicht alle deckungsgleich angeordnet, sondern überlappen sich stellenweise und bilden daher angeschnittene Kreisöffnungen. Je nach Standpunkt nimmt man diese Öffnungen optisch verändert wahr, wodurch sich eine gewisse Dynamik und ein dezentes Licht- und Schattenspiel ergeben. Die Plastikfolien, welche hier die klassische Leinwand ersetzen, sind nicht mehr Bild- und damit auch Bedeutungsträger, sondern werden als stoffliche Realität per se begriffen. Für die italienische Avantgarde der 1960er-Jahre war das Experimentieren mit neuen Materialien wie etwa Kunststoff, der in jenen Jahren zunehmende Verwendung fand, von zentralem Interesse. Der Gebrauch billiger Industriematerialien bedeutete eine radikale Abkehr von den Komponenten des traditionellen Tafelbildes.
Insbesondere das Werk von Lucio Fontana hatte Dadamaino dazu angeregt, sich mit Raum und Perspektive zu beschäftigen. Aber auch die Künstler der Mailänder Galleria Azimut wie etwa Piero Manzoni, Enrico Castellani oder Agostino Bonalumi, denen sie sich im Jahr 1959 angeschlossen hatte, waren wichtig für die Entwicklung ihres Werkes. Allen gemeinsam war die Suche nach neuen, unbelasteten künstlerischen Ausdrucksmitteln, einhergehend mit der Befreiung vom Gegenstand. Es war die Suche nach einem konzeptuellen Schaffen, das auf traditionelle Bildmittel und -inhalte nicht mehr angewiesen war.
Julia Ryff