Kunstwerk des Monats September

Kurt Sigrist, Phantheatron, 1992/93

Kurt Sigrist

*1943 in Sachseln, Schweiz


Phantheatron, 1992/93


Cortenstahl

195 × 191 × 195 cm

Ein mächtiger Kubus aus rostendem Stahl ist vertikal in zwei Hälften geteilt, deren eine zu einem hohen Durchgang geöffnet ist, während die andere mit geschlossenen Fronten vor dem Betrachter aufsteigt. In der Wahrnehmung von einem entfernten, leicht erhöhten Standpunkt aus lässt sich indes erkennen, dass der Würfel aus zwei identischen Konstellationen besteht, die allein durch ihre um 90 Grad differierende Ausrichtung zwei höchst verschiedenartige Räume schaffen. Leitet der eine Raumkörper den Blick auf einen in scharfem Ausschnitt gegebenen Umraum, so bietet sich der andere, Einblicke ins Innere weitgehend verwehrend, ganz der äusseren Anschauung dar; und während der Durchgang die horizontale, menschliche Bewegung des Schreitens mit einschliesst, erscheint der unzugängliche, senkrechte Schacht als ein statisches Verbindungsstück zwischen Erde und Himmel.

Damit weist Phantheatron jene Verschränkung polarer Gegensätze wie Innen- und Aussenraum, Vertikalität und Horizontalität, Offenheit und Geschlossenheit auf, welche auch ein Hauptwerk Sigrists prägt: In der begehbaren Eisenskulptur Zeitraum (auf- gestellt an der Nord-Süd-Autobahn A2 bei einer Raststätte im Kanton Uri) verbindet sich das Haus als Motiv von Schutz und Geborgensein mit allseitiger Offenheit, ein Zeiten überdauernder Innerschweizer Heimatbezug mit der Vergänglichkeit des Unterwegsseins.

Neben der Stahlskulptur Phantheatron befindet sich in der Sammlung des Kunstmuseum Liechtenstein auch ein zugehöriges Bronzemodell aus dem Jahre 1992. Den Anlass zur Übertragung ins grosse Format gab die Skulpturentriennale von Bex 1993, und auf das übergeordnete Theater-Thema jener Ausstellung («Mise en scène») bezieht sich auch der Titel. Im Skulpturenpark des Hauses Stein-Egerta in Schaan hat das Werk seine definitive Aufstellung gefunden.

Franziska Hilbe

<b>Kurt Sigrist, Phantheatron, 1992/93</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.