Kunstwerk des Monats Juli

Georg Malin, Disentiser-Würfel (auch Andreaskreuz-Würfel), 1984–86/1988

Georg Malin

* 1926 in Mauren, Liechtenstein


Disentiser-Würfel (auch Andreaskreuz-Würfel), 1984–86/1988


Guss 1988
Schenkung der Fürstlichen Regierung, Vaduz

Der Disentiser-Würfel ist ein massiver Bronzekubus, dessen Seitenflächen verschiedene Ebenen der Vertiefung aufweisen, durch die sich jeweils die Diagonalen des Quadrats herausbilden. Nach und nach lässt sich ein schräg gestelltes Kreuz erkennen – das Andreaskreuz. Die Form verweist auf das Wappen des Stiftes Disentis, das silberne Andreaskreuz im roten Feld. Der Ursprung des Wappens ist ein bis ins Mittelalter zurückzuführendes Hauszeichen der Abtei. Georg Malin entwarf die Würfelplastik für dieses Kloster, in dem er auch seine Gymnasium-Zeit verbrachte, und so steht einer der beiden Güsse im Innen- hof des Stifts inmitten eines mit Wasser gefüllten Granitbeckens und schreibt sich als Formzeichen im natürlichen Grundelement weiter fort.

Der Disentiser-Würfel kann als Ausgangspunkt für Malins zentrale Werkgruppe der Buchstabenwürfel betrachtet werden. Die Arbeit animiert den Künstler dazu, sich weiterführend mit der Entstehung von Schrift als Grundelement kultureller Konstitution, die den Wert menschlicher Äusserung dauerhaft dokumentiert und bewahrt, zu beschäftigen: «Das Alphabet ist für mich die genialste Erfindung der Menschheit, ich finde es einfach faszinierend, dass man mit 26 Symbolen ganze Geschichten, die Vergangenheit der Menschen festhalten kann.»

Neben dem Buchstaben als sichtbarem Zeichen menschlichen Geistes steht das Quadrat und seine dreidimensionale Ausdehnung in Malins Fokus der Auseinandersetzung und ist bereits in früheren Werken des Künstlers, wie etwa in seinen organischen Motiven, zu finden. Dabei zielt Malins Beobachtung nicht einzig auf die klare geometrische Form und seine plastische Übersetzung ab, sondern widmet sich auch der geistig-symbolischen Qualität dieser formalen Gestalt.

Ausgehend vom Prinzip des Disentiser-Würfels entwirft Georg Malin seither eine Reihe weiterer Buchstabenwürfel, wobei der Kubus im Laufe der Zeit seine ‹Massivität› verliert und der Buchstabe als vollplastische Gestalt in der geometrischen Grundform hervortritt.

Denise Rigaud

<b>Georg Malin, Disentiser-Würfel (auch Andreaskreuz-Würfel), 1984–86/1988</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.