Andy Warhol (1928–1987) zählt zu den vielseitigsten und zugleich schillerndsten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Er wurde insbesondere durch seine zu Beginn der 1960er-Jahre geschaffenen Werkserien der Coca-Cola-Flaschen, der Campbell´s-Soup-Dosen und Porträts von Idolen wie Elvis Presley zur Ikone der Pop Art. Doch neben diesen weithin bekannten Arbeiten entstanden ab 1972 zahlreiche künstlerisch ambitionierte Werke, die der Öffentlichkeit bisher nur selten präsentiert wurden.
Neben zahlreichen Innovationen in der Malerei erweitert und vertieft Warhol in seinem Spätwerk auch sein künstlerisches Repertoire in den Medien Fotografie, Video und Film. Erstmals präsentiert die Ausstellung eine Vielzahl seiner Kontaktabzüge, die einen intimen Einblick in das New York der 1980er-Jahre vermitteln und Warhol einmal mehr in der Rolle des «Social Observers» zeigen. Auch seine für das Fernsehen produzierten Videos geben Aufschluss über seinen persönlichen Fokus auf gesellschaftliche Ereignisse und Trends. Darüber hinaus spiegelt die Ausstellung anhand seiner späten Filme wie L´Amour, Women in Revolt oder Heat seine immer wiederkehrende Auseinandersetzung mit dem Thema der geschlechtsspezifischen Rollenbilder. Für diese Filme hat das Kunstmuseum eigens ein Warhol-Kino geschaffen. Die Warhol-Underground-Lounge im Untergeschoss des Museums zeigt bei freiem Eintritt einige der wichtigsten Filmen.
Als weiteren autobiografischen Aspekt bindet die Ausstellung Warhols Bücher und Interviews mit ein. Vor allem die auf Gesprächen mit Pat Hackett basierenden «Diaries» ermöglichen für den Zeitraum der letzten Dekade seines Lebens einen authentischen Eindruck. Die Interviews, welche Warhol mit diversen Künstlern und Celebrities für seine gleichnamige Zeitschrift geführt hat, runden das Spektrum der Auseinandersetzung mit seiner unmittelbaren Umgebung sowie das Bild seines Selbstverständnisses als «Recording Angel» ab.
Die Ausstellung im Kunstmuseum Liechtenstein bietet die Gelegenheit, das umfangreiche Spätwerk von Warhol in seinem ganzen Facettenreichtum zu erkunden. Sie wurde kuratiert von Marc Francis, Gründungsdirektor des Andy Warhol Museum, Pittsburgh, und entstand in Kooperation mit dem museum kunst palast in Düsseldorf. Im Anschluss an die Ausstellung in Vaduz wird sie in Stockholm in der Liljevachs Konsthall und im Musée d´Art Contemporain de Lyon zu sehen sein.
Mit der Serie der Mao-Porträts aus dem Jahre 1972 beginnt für Andy Warhol nach Jahren der Abkehr von der Malerei eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Medium. Nach Übermalungen des Siebdrucks mit freiem Gestus geht Warhol Ende der 1970er-Jahre mit den Arbeiten der Shadows und Oxidations dann erstmals dazu über, Malerei als eine Meditation mit der Bildfläche zu verstehen. Dabei gelingt es ihm, die für seine Werke typische Präsenz der Bilder trotz der Abstraktion aufrechtzuerhalten und den Blick des Betrachters zu bannen. So bieten z.B. die Camouflages durch ihre enorme Grösse mit bis zu 10 Metern Länge dem Besucher ein ganz besonderes visuelles Erlebnis. Dieses wird zusätzlich auch durch die Integration von Warhols Wallpapers erreicht. Denn er selbst inszenierte beispielsweise seine Serie der Toys auf einer Tapete mit dem Fischmotiv, um eine ganz spezielle Optik zu erzielen. Zudem wird die Ausstellung als Weltneuheit die von Andy Warhol entworfene, aber bisher nicht produzierte Wallpaper Washington Monument zeigen.