Kunstwerk des Monats Februar

Latifa Echakhch, Still Life (Vanités) a–e, 2010

Latifa Echakhch

1974 in El Khnansa, Marokko


Still Life (Vanités) a–e, 2010


C-Print auf Aluminium, gerahmt
5-teilig, je 26,5 x 40 cm
Ed. 1 / 3
Kunstmuseum Liechtenstein, Vaduz

 

Die Kritik am Konzept der kulturellen Identität ist eine erkennbare Konstante im Werk von Latifa Echakhch. Mit verschiedenen künstlerischen Verfahren untersucht sie Authentizität und Autorschaft mit Fragen der Herkunft und deckt Vorurteile und Stereotype in unserer Gesellschaft auf. Dabei bedient sie sich oftmals ästhetischer Mittel, die sich kulturell zuordnen lassen und hinterfragt den Verlust symbolischer Bedeutungen von Objekten. So auch in Still Life (Vanités) a–e (Stillleben (Einbildungen) a–e), das in fünf Fotografien scheinbar zufällige Ausschnitte eines zugewachsenen und vermüllten Bodens zeigt. An manchen Stellen haben sich so viele kleine Schnecken versammelt, dass die Zeit still zu stehen scheint. Dieses Stillleben lässt verständlich werden, dass es sich um einen Friedhof handelt. Auf einer dieser Aufnahmen ist ein kleiner, mit einem Datum beschrifteter, unscheinbarer Stein zu erkennen. Es ist ein Grabstein und der einzige Hinweis auf den besonderen Ort, den die Bilder thematisieren.
Mit der Abbildung des muslimischen Friedhofs von Mediouna in Marokko, wo Familienmitglieder der Künstlerin bestattet sind, zeigt sie unseren Blicken die Humusschichten des Lebens und schaut gleichzeitig in unser aller Zukunft. Die Frage, was mit uns, unseren Körpern, aber auch Seelen passiert, wird nicht beantwortet. Beantwortet wird jedoch, wie wir mit unseren Verstorbenen umgehen. Echakhchs Interesse an achtlos liegengelassenen Dingen und wie hier an scheinbar selten besuchten Stätten lenkt den Blick auf die Unaufmerksamen und entwickelt im Einfachen und Flüchtigen eine leise Poesie. Echakhchs Biografie – als in der Schweiz lebende Französin mit marokkanischen Wurzeln – spielt dabei eine zentrale Rolle und ist oft Ausgangspunkt für aktuelle Themenstellungen. Sie studierte in Grenoble, Paris und Lyon und gestaltete 2022 den Schweizer Pavillon an der Biennale von Venedig.

Martina Morger

 

«Was politische und historische Zusammenhänge betrifft, so achte ich stets darauf, nicht allzu frontal oder vereinfachend vorzugehen – der politische Kontext ist vielschichtiger und als Künstlerin halte ich mich an das Prinzip, eindeutige politische Botschaften zu vermeiden. Das ist eine Frage der Macht, der Haltung. Ich habe nur ein Ziel – die Welt, die mich umgibt, zu hinterfragen.»

Latifa Echakhch

<b>Latifa Echakhch, Still Life (Vanités) a–e, 2010</b>
Das Kunstmuseum Liechtenstein stellt jeden Monat ein Werk aus der eigenen Sammlung in den Mittelpunkt der Betrachtung. Auch werden regelmässig Werke aus der Sammlung der Hilti Art Foundation auf diese Weise vorgestellt.